Noah Ramos, Soziale Verantwortung International bei Bio Suisse

14. Dezember 2022

Bio Suisse hat sich die Gesamtbetrieblichkeit auf die Fahne geschrieben. Das beinhaltet auch die Wahrnehmung sozialer Verantwortung. Diese wird ab 2023 neu durch «Bio Suisse Sozialaudits» im Rahmen eines Pilotprojekts auf spanischen Betrieben kontrolliert. Noah Ramos ist seit März 2022 für das Projekt zuständig und erklärt, [NR1] wie das neue System aufgebaut ist.

Noah Ramos, was versteht Bio Suisse unter einem «Sozialaudit»?

Mit einem «Sozial-audit» überprüfen wir die Arbeitsbedingungen auf landwirtschaftlichen Produktions- und Verarbeitungsbetrieben[NR2] . Bislang lag der Fokus der Kontrollen auf der biologischen Produktion. Ab 2023 sollen auch die Arbeitsbedingungen stärker [NR3] kontrolliert werden. Darum haben wir ein neues System aufgesetzt, welches vermehrt auf Interviews mit Arbeiter:innen, Dokumentenprüfung und visuellen Methoden beruht

Was genau wird kontrolliert?

Es wird eine neue Checkliste geben, anhand welcher die Betriebe überprüft werden. Die Grundlage dafür stellen die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) dar. Allem voran, geht es dabei um die Einhaltung der Menschenrechte (Freiheit und Gleichheit, Verbot der Diskriminierung, Verbot von Zwangsarbeit, Versammlungsfreiheit, Recht auf Erholung und Freizeit, etc.). In den Bio Suisse Sozialaudits schauen wir zudem darauf, ob die jeweilige nationale Gesetzgebung bezüglich Arbeitsverträge, Löhne, Zeiterfassung, Ferien, Sozialversicherungen etc. eingehalten werden. Ebenfalls werden Themen aufgegriffen wie die Gesundheit am Arbeitsplatz, Arbeitssicherheit sowie Gleichbehandlung.

Wer führt die Kontrollen durch?

Von Bio Suisse geschulte Kontrolleur:innen werden die Sozialaudits durchführen. Für die Schulung werden Synergien mit unserem Kooperationspartner Naturland genutzt. Eine erste Pilot-Schulung konnte bereits im September 2022 erfolgreich in Almería, Südspanien, durchgeführt werden.

Wie liefen denn bisher die Kontrollen ab?

Soziale Verantwortung ist schon seit vielen Jahren in den Richtlinien von Bio Suisse (Link) verankert. Bislang mussten Produzent:innen  aus Risikoländern oder von Risikoprodukten ein Sozialzertifikat oder einen Sozialauditreport vorlegen. Einige dieser Zertifikate entsprechen aber nicht mehr unseren hohen Qualitätsansprüchen. Darum hat Bio Suisse in ein eigenes Sozialaudit-System investiert, welches in Spanien 2023 getestet wird, um anschliessend auf weitere Länder übertragen zu werden. Hochwertige externe Sozialzertifikate werden aber weiterhin anerkannt

Worin liegen die Herausforderungen eines Sozial-audits?

Eine der grössten Herausforderungen wird sein, einen praktikablen Mittelweg zwischen Kontrolltiefe und Kontrollbreite zu finden. Heisst: Ein:e Sozialauditor:in muss mit limitierten zeitlichen Ressourcen eine breite Palette an Themen überprüfen und dabei die richtigen Schwerpunkte in den Interviews setzen. Diese können sich nach geographischem Kontext und von Betrieb zu Betrieb unterscheiden. Eine weitere Herausforderung kann sein, Arbeiter:innen zu erfassen, die keine Arbeitsverträge haben und dadurch offiziell nicht auf dem Betrieb tätig sind. In einem solchen – glücklicherweise eher seltenen Fall – kommen vor allem visuelle Methoden und Interviews zum Einsatz.  Das Ziel eines Sozialaudits ist es in jedem Fall, das Wohl der Arbeiter:innen und deren Arbeitsbedingungen zu verbessern.

Was ist Dein Zukunftswunsch für die Sozialaudits von Bio Suisse?

Die Einführung von Sozialaudits soll zur weltweiten Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft beitragen– mindestens auf den Knospe-Betrieben. Sozialaudits  steuern dazu bei, Herausforderungen auf Betrieben überhaupt zu erkennen. Sie können zwar nicht alle Probleme auf die Schnelle lösen, aber sie sind ein erster Schritt in die richtige Richtung.

 

Zur Person

Noah Ramos hat ein Master-Studium der Geografie und Nachhaltigen Entwicklung an der Universität Bern absolviert. Er bezeichnet sich als Human-Geograf (in Abgrenzung zur physischen Geografie). In seiner Master-Arbeit hat er sich stark mit den Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft in Almería (Spanien) auseinandergesetzt. Mehrere Monate hat er für seine Forschungsarbeit vor Ort recherchiert. Bei Bio Suisse ist Noah Ramos seit März 2022 zusammen mit Carole Nordmann für die Einführung von Sozialaudits auf Bio Suisse zertifizierten Betrieben zuständig.

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